„Ich hab‘ es in- und auswendig gelernt!“ Diesen Ausspruch kennt fast jeder. Was genau bedeutet er? Inwendig lernen – gibt es das überhaupt? Wäre es doch das Gegenteil von auswendig lernen: Während man beim Auswendiglernen Fakten paukt, ohne den Inhalt in Zusammenhängen zu vernetzen, dreht und wendet man beim „Inwendiglernen“ die Inhalte im Geiste hin und her, bewegt sie dahin und dorthin und denkt über sie nach. Das Lernpotential wird durch →Angst und →Stress gehemmt, doch Begeisterung und „Aha!“-Erlebnisse fördern es. Nichts ist motivierender als Neugier, und je tiefer ein Inhalt verarbeitet wird, desto besser bleibt er im Gedächtnis.
Das Wort lernen ist mit den unter lehren und List behandelten Wörtern verwandt und gehört zur Wortgruppe von leisten. Das Substantiv Leisten bedeutet ursprünglich Fußspur (Sprichwort: „Schuster, bleib‘ bei deinen Leisten“ – ein Leisten war das Fußmodell, anhand dessen er den Schuh bemaß), und das heutige Verb leisten im Sinne von können, schaffen bedeuten demnach eigentlich einer Spur nachgehen, nachspüren. Dazu gesellt sich dann, wie erwähnt, die Wortgruppe von lehren (=wissend machen), lernen (=wissend werden) und List (=Wissen). Lernen bedeutet ursprünglich also einer Spur nachgehen, nachspüren. Ich weiß bedeutet im Grunde: Ich habe nachgespürt.
Lernen ermöglicht Bildung (von ahd.: bildunga=Schöpfung, Gestalt (annehmen), Bildnis). Wesentliches Merkmal des Bildungsbegriffs ist das reflektierte Verhältnis zu sich selbst, zu anderen und zur Welt. Bildung bedeutet einen lebensbegleitenden Entwicklungsprozeß, durch den der Mensch sowohl seine lebenspraktischen, kulturellen und geistigen Fähigkeiten als auch seine persönlichen und sozialen Kompetenzen erweitert.
Erfahren ~ Verstehen ~ Begreifen ~ Gestalten: Lernen ist die →Bewegung des Lebens, der Grund für unser Gehirn. Lernen ist das, was unser Gehirn am besten kann und zeitlebens am liebsten tut. Lerninhalte werden umso stärker in uns verankert, je interessanter sie daherkommen und je mehr sie mit →Sinn verbunden und in einen Zusammenhang gestellt werden können. Sinn ist das Wesen des Lernens, eines aktiven Vorgangs, während dessen sich Veränderungen im Gehirn des Lernenden abspielen. Je stärker emotionale Zentren dabei aktiviert sind, desto nachhaltiger ist die Repräsentanz des Erlebten im Gehirn. Lernen bedeutet: Erst →fühlen, dann →denken.
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